HERITAGE TOY FIGURES

HERITAGE TOY FIGURES

Ein neuer Plastikfigurenhersteller aus den USA

von Andreas Dittmann

Als ich vor vielen Jahren mit dem Schreiben von Rezensionen begann, gab mir ein erfahrener Kollege den Rat: „Möglichst niemals einen Verriss schreiben!“. Daran habe ich mich nach Möglichkeit auch bei – sagen wir mal – „schwierigen“ Besprechungen von Figurenneuheiten weitgehend gehalten. Doch diesmal fällt dies angesichts der Produkte einer neuen Plastikfigurenfirma aus den USA besonders schwer. Eine objektive Rechenschaftspflicht gegenüber der Leserschaft gebietet hier jedoch Klartext.
Denn an den neuen Figuren von Heritage Toy Figures (HTF) stimmt einfach nichts – weder die Qualität, noch der Preis und schon gar nicht die Originalität. Die Figuren sind dem Stil der alten Swoppet-Figuren vor allem britischer Hersteller der 1950er und 1960er Jahre nachempfunden. Mit dem Namen „Swoppets“, abgeleitet vom Imperativ „swop it“ (= „vertausch es“), warb zuerst Britains. Später folgten dann Nachahmungen des Steckfigurenprinzips von Timpo, Crescent, Cherilea und Lone Star in Großbritannien, von Elastolin, Plasty und Jean in Deutschland und von Nardi in Italien. Die neuen HTF-Swoppets sind in einem harten, wenig flexiblen Weichplastik gehalten und entsprechend weitgehend dem 54mm-Maßstab.
 
HERITAGE TOY FIGURES British Soldiers 1814
Ein Ritter und ein Soldat der englischen Infanterie um 1814 von „Heritage Toy Figures“.
 
Im derzeitigen, stetig wachsenden Programm sind Ritter, Soldaten der Napoleonischen Ära und Figuren des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges sowie des US-Bürgerkrieges. Die Figuren lassen sich aus mehreren Teilen zusammenstecken. Teilweise sind diese Teile untereinander austauschbar, so dass immer wieder neue Posen kreiert werden können. Kopf und Arme sind abnehmbar und die Figuren können meist in der Mitte auseinander genommen werden. Die Unterteile sind zwar über Pins an den Füßen in die Bodenplatten hinein gesteckt, können aber in der Regel nicht davon abgenommen werden. Waffen und Ausrüstungsgegenstände sind abnehmbar. Einige Figuren weisen zusätzlich Bemalungen auf, was bei Swoppet-Figuren eher selten ist, da das Farbspiel ja bereits durch die Verwendung unterschiedlich farbigen Plastiks erreicht werden soll. Bemalt sind die HTF-Figuren in der Regel im Bereich der Gesichter; aber auch die Hände sowie Uniform- oder Waffenteile werden teilweise farblich hervorgehoben. Sicher ist es u.a. auch der Arbeitsschritt der Teilbemalung, der die HTF-Figuren so teuer werden lässt, denn mit etwa 6,- Euro pro Stück liegen sie weit über der üblichen Marge. Als Nur-Sammler oder auch als Spielender Sammler schätzt man an Swoppets vor allem die Flexibilität der Haltungsvarianten. Die HTF-Figuren sind in dieser Beziehung jedoch etwas zu flexibel. Bei meinen Stücken lösen sich Hände, Waffen, Arme und Köpfe schon bei geringfügigen Berührungen. Die HTF-Figuren sind damit empfindlicher als Modellbaufiguren aus Hartplastik oder die bekannten Kaffee-Werbefiguren aus belgischer und französischer Herstellung. Man muss die HTF-Figuren noch vorsichtiger als rohe Eier behandeln. Gekauft und in eine Plastiktüte gepackt, steht man dann zuhause vor einem wilden Vielerlei aus Einzelteilen, das man dann versuchen kann, wieder zusammen zu puzzeln. Bei wirklich originären Figurenthemen oder Posen könnte man sich ja dennoch zur Anschaffung hinreißen lassen. Aber Ritter oder Unabhängigkeits- und Bürgerkriegssoldaten hat wohl schon jeder Figurenhersteller einmal gemacht. Auch wenn dies der Hersteller mit seinem typisch amerikanisch unbescheidenen Werbeslogan „We make History“ anders sehen mag, lautet das Fazit an dieser Stelle: Im Westen nichts Neues, alles schon mal da gewesen und zu teuer für die gebotene Qualität. Das Urteil einiger befragter Sammler auf der Plastic Warrior Show in London im Mai 2011, wo die HTF-Figuren erstmals der europäischen Sammlerwelt vorgestellt wurden, lautete daher eindeutig, aber britisch höflich: „mutig“.
Foto: A. Dittmann.